Seit einigen Tagen ist Mannheims Innenstadt übersät von poppigen „Wow“, „Fresh“ und „Amazing“ Zeichen. Was es damit auf sich hat?! Schiller ist mal wieder in Mannheim zu Gast bzw. die internationalen Schillertage peppen Mannheims Theater- und Kreativlandschaft für zwei Wochen nun zum 18. Mal auf.
Würde Schiller heute leben, er wäre wohl der beste Gast auf den ihm gewidmeten Schillertagen. Schiller war nämlich bekannt für seine Trinkgelage und Frauengeschichten. Er hätte sich auf den Schillertagen wohl zuallererst den Weg zur Bar verschafft, dort mit ein paar Studienkollegen das ein oder andere Bier oder einen Schnaps getrunken und dann hätte er sich vermutlich eines der vielen Theaterstücke angesehen. Im Anschluss daran hätte er der ein oder anderen Mannheimer Dame das Herz gebrochen. So war er nun mal, Mannheims bekanntester Theaterdichter.
Das Motto lautet dieses Jahr „Geschlossene Gesellschaft“, auch wenn natürlich jeder von Euch Zutritt zu den Veranstaltungen hat. Unter diesem Motto werden alle möglichen Veranstaltungen angeboten, von Theater über Konzerte bis zum Autokino in der Benjamin-Franklin-Village. Wir haben uns für Euch schon mal ein bisschen umgeschaut.
SCHILL-OUT: Leider noch ein Geheimtipp, aber gerade deshalb umso schöner sind die „Schill-Outs“. Hier könnt Ihr Euch kostenlos tolle, unbekanntere Bands anhören und bei einem gemütlichen Bier im Foyer des Nationaltheaters zur Livemusik abtanzen. Wer bei den aktuellen Temperaturen eine Verschnaufpause während des Konzertes braucht, kann sich auch in einen der bequemen Liegestühle legen, die vor dem Nationaltheater aufgebaut sind und sich trotzdem von den Klängen berieseln lassen.
Am Sonntag hat sich die deutsche Band A Forest bei den Schill-Outs die Ehre gegeben. Ihre Musik ist mit Worten kaum zu beschreiben, da A Forest ein bisschen von allem in ihre Musik einfließen lassen. Mal klingen sie nach Electro, dann wieder nach Hip-Hop, dann auch wieder sehr poppig und ab und zu lassen sich auch R’n’B und Rock Einflüsse verorten. Der Auftritt war auf jeden Fall gelungen und hat sowohl von der Stimmung als auch klanglich zu der entspannten Atmosphäre gepasst. Ihr solltet Euch unbedingt die kommenden Schill-Outs vormerken, denn es gibt noch einige tolle Auftritte, zum Beispiel von Roosevelt und Public Service Broadcasting. Ein weiterer Tipp sind die intimen Konzerte, die in ungewohnten Locations wie in einer Ballettschule, einem Friseur oder einer Tankstelle stattfinden.
AUTOKINO – ANALOGUE EYE: Ein absolutes Highlight der Schillertage ist das Autokino in der Benjamin-Franklin-Village. Ein Autokino ist etwas, was ich schon immer mal in Mannheim haben wollte und deshalb bin ich umso begeisterter, dass es das jetzt zumindest temporär gibt und dann noch in einer so außergewöhnlichen Location.
Wer kein eigenes Auto hat, kann entweder auf einem Liegestuhl entspannen oder mit dem Schuttle-Bus ab dem Nationaltheater fahren und sich den Film von dort aus ansehen. Gezeigt werden verschiedene Kurzfilme aus Südafrika, die sich mit der aktuellen Kultur und der Geschichte Afrikas auseinandersetzen. Ihr solltet unbedingt an der Bustour teilnehmen, die durch die Benjamin-Franklin-Village führt. Es ist wirklich absolut beeindruckend, wie schnell sich die Natur das Gebiet nach so kurzer Zeit wieder zurückerobert. Die Village wirkt daher zugleich seltsam verlassen und beruhigend, fast wie aus einer anderen Welt.
DIE RÄUBER: Wie es sich natürlich gehört, haben wir uns auch die Premiere von „Die Räuber“ angesehen. Der Regisseur Calixto Bieto inszeniert den Klassiker sehr modern und eigensinnig, weshalb das Premierenpublikum wohl auch eher etwas verwirrt und unbegeistert das Schauspielhaus verlassen hat. Wir waren jedoch ziemlich angetan von der Vorstellung.
Viele der Räuberszenen, die eigentlich integraler Bestandteil des Stücks sind, fallen komplett weg. Der Fokus liegt auf den menschlichen vor allem den familiären Beziehungen von Franz und Karl Moor und ihrem Vater und Amalia, der Geliebten von Karl. Wer sich klar macht, dass Regisseur Bieto das Stück als „Anatomie einer Familie“ liest, versteht so einiges. Die Familie wird ausgenommen und nimmt sich selbst aus. Stellvertretend dafür steht die Videoprojektion des Rehs. Diese Metapher kann jedoch noch weitergesponnen werden, bis man beim Unschuldslamm, dem Rehblick oder sogar dem Opfertod ankommt.
Tim und mich hat das Stück auf jeden Fall noch beschäftigt und wir hatten unseren Spaß beim Interpretieren. Wir beide waren besonders angetan vom modernen Bühnenbild und der Videoprojektion. Nicht ganz überzeugend war die schauspielerische Leistung, jedoch lebt das Stück auch nicht von großen Gesten und schauspielerischem Übermut, sondern vielmehr von den Andeutungen der Abgründen der menschlichen Seele. Man muss jedoch unbedingt mit dem Bekannten brechen, um sich auf die Inszenierung einzulassen und ihr eine Chance zu geben. Letztlich bleibt Theater das, was es ist und das ist auch gut so: Geschmackssache.
Besucht die Homepage:
http://www.schillertage.de
Wann und wo welches Event stattfindet, könnt Ihr dort nachlesen.
http://www.nationaltheater-mannheim.de/de/index.php
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