Gallion Film

GALLION Filmproduktion – Interview im „Niemandsland“

Kunst und Kultur

Was könnte es spannenderes geben, als sich mit einer Filmproduktionsfirma direkt bei der Kulisse zu treffen? Nichts – vor allem wenn es sich bei der Kulisse um die Konversionsfläche Benjamin-Franklin-Village (BFV) in Käfertal handelt! Deshalb haben wir uns mit den Jungs und Mädels von Gallion ausnahmsweise nicht in ihrem Büro im C-Hub, sondern in BFV getroffen:

Gallion Film

Es ist einer dieser wunderschönen Spätsommertage, die Sonne brennt auf den Asphalt und Fotograf Sebastian, Tim und ich haben uns mit dem Gallion Team vor der Sports Arena verabredet. Fälschlicherweise spaziere ich erstmal geradewegs in die Sports Arena herein, einfach weil sie so herrlich einladend aussieht. Für einen kurzen Moment geht das Kopfkino los: Cheerleader, Football, amerikanische Highschool in Perfektion. Dann werde ich durch Bohren und Hämmern aus meinem Tagtraum geweckt. Hier entsteht nämlich eine Kletterhalle und dafür wird schon fleißig gebaut, wie an vielen Stellen hier. Also wieder raus aus der Sports Arena und im Nebengebäude treffen wir dann auch schon auf Gallion.

Gallion Film

Wir werden von Philipp, Donni, Lena und Veronika begrüßt, die BFV inzwischen wohl so gut kennen wie ihre Westentasche. Seit knapp 1 1/2 Jahren sind sie hier immer wieder mit ihren Kameras unterwegs, um für ihr Filmprojekt „Niemandsland“ zu filmen und zu fotografieren.

Gallion Mannheim

Das Projekt dokumentiert den Prozess der riesigen Konversionsfläche vom Moment des Auszugs der Amerikaner bis zu dem Moment, in dem die BFV wieder neu aufgebaut wird. Eine spannende und vor allem einzigartige Aufgabe, denn BFV war die größte Wohnsiedlung der Amerikaner in Deutschland.

Gallion Film

Während eines Spaziergangs über einen Teil des Geländes erzählen uns Philipp und Donni nicht nur über Gallion, sondern auch über ihren Werdegang und über ihre Erlebnisse in BFV. Währenddessen lasse ich meinen Blick immer wieder über dieses atemberaubende Gelände schweifen. Kaum zu glauben, dass hier vor ein paar Jahren noch tausende Amerikaner gewohnt haben.

Gallion Film Benjamin Franklin

Die Wohnhäuser und Kasernen wirken verlassen, Sträucher und Unkraut haben sich ihren Weg durch die Straßen und die freien Flächen gebahnt und auf dem Parkplatz des ehemaligen Supermarktes „Commissary“ steht ein einsamer Einkaufswagen. Einzig die Kirche wirkt noch wie ein Fels in der Brandung. Vor ihr wiegen sich Zypressen langsam im Wind und die gelbe Fassadenfarbe strahlt in der Sonne.

Gallion Film

Wieder an unserem Ausgangspunkt angekommen, unterhalten wir uns noch eine Weile mit dem Team von Gallion. Wir alle sind gespannt, wie es hier in BFV in drei oder vier Jahren aussehen wird. Jeder, der also noch die Möglichkeit haben sollte, sich hier einmal umzusehen, sollte sie nutzen. Denn dieser Ort ist wirklich einzigartig und fast ein wenig magisch.

Gallion Film

Wann habt Ihr Gallion gegründet und wie kamt Ihr dazu?

Donni: Ich habe Musik studiert und mich schon immer für Film interessiert. Darum habe ich vor 8 Jahren angefangen als Freelancer Videos zu produzieren. 2013 habe ich zusammen mit Joko (Johannes Kaltofen) Gallion gegründet, 2014 kam dann Philipp dazu. Interessant ist, dass wir alle Quereinsteiger sind, niemand von uns war an einer Filmhochschule. Das macht unsere Geschichte und ich denke auch unseren Stil speziell.

Was hat es mit dem Namen Gallion auf sich?

Donni: Gallion ist ein Fantasiename. Die Bedeutungsverwandschaft mit dem Thema Seefahrt, der Galionsfigur, der Galeere etc. ist aber durchaus gewünscht. Schließlich sitzen wir ja auch im Hafen.

Was habt Ihr vorher gemacht?

Philipp: Ich habe Ethnologie und Politikwissenschaft in Heidelberg studiert und am Ende meines Studiums ein Filmprojekt namens „Transnationalmannschaft“ begonnen. Das Projekt wurde sehr bekannt und hat viel mediale Aufmerksamkeit erhalten. Für „Transnationalmannschaft“ habe ich die Integrationsmedaille der Bundesregierung bekommen. Danach habe ich dann erstmal mein Studium abgeschlossen, habe aber schnell gemerkt, dass ich aus der Filmnummer nicht mehr rauskomme (lacht). Nach meinem Studium habe ich ein Jahr lang für eine Landtagsabgeordnete als wissenschaftlicher Mitarbeiter gearbeitet. Da durfte ich sehr viel lernen. Schließlich habe ich Donni kennengelernt und bin so dann zu Gallion gekommen. Da man in der Ethnologie auch oft mit Film arbeitet, meist als Datenquelle, generiert sich mein Bezug zu Film hierüber.

Donni: Ich bin 2004 nach Mannheim gekommen und habe die Band MY BABY WANTS TO EAT YOUR PUSSY gegründet. Das waren die Anfänge von YouTube damals und wir fanden es als Band extrem spannend, dort Videos veröffentlichen zu können. Das Ganze hat schnell große Ausmaße angenommen, sodass wir unsere eigenen Musikvideos und Musikvideos für andere Bands produziert haben. So habe ich meine Leidenschaft für Film entdeckt, insbesondere fürs Schneiden, Editieren und Konzipieren.

Gallion Film

Welche Dienstleistungen bietet Ihr an und wie kommt Ihr an Eure Kunden heran?

Philipp: Wir bieten die gesamte Palette der Filmschöpfungskette an. Am häufigsten und liebsten realisieren wir Filme, die mit Musik und Kultur in Verbindung stehen oder dokumentarische Arbeiten jeglichen Formats. Marketing haben wir noch nie wirklich betrieben, 95% unserer Kunden kommen bei uns von Mund-zu-Mund-Propaganda.

Ihr habt Kunden aus vielen verschiedenen Branchen, wollt Ihr dauerhaft einen Schwerpunkt festlegen oder seid Ihr offen für alles?

Donni: Unsere Leidenschaft ist der Dokumentarfilm. Dort wollen wir auch langfristig unseren Schwerpunkt setzen. Das ist eine ganz besondere Arbeitsweise, die wir sehr spannend und einmalig finden. Wo sonst hat man die Möglichkeit, Einblicke in so viele verschiedene Kulturen und Lebenswelten zu erhalten?

Philipp: Auch hier kann ich wieder einen Bezug zur Arbeitsweise der Ethnologie herstellen. Wir möchten unsere Protagonisten so darstellen, dass vor allem sie sich gut repräsentiert fühlen. Ich finde es spannend, unterschiedlichste Menschen in ihrem Alltag zu begleiten.

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Wie lange dauert es für Euch, ein fertiges Video zu produzieren und wie sehen die einzelnen Schritte aus?

Donni: Das kommt auf den Film an. Für „Niemandsland“, den Film, den wir gerade auf dem Gelände der ehemaligen Benjamin-Franklin-Village drehen, sind wir nun schon 1 ½ Jahre unterwegs. Daran schließt sich noch die Postproduktion und die Auswertung an, die wird sicherlich auch nochmal ein halbes Jahr dauern. Das ist allerdings auch ein längeres Projekt.

Philipp: Kürzere Projekte können theoretisch schon zwei Tage nach Dreh fertig sein. „Niemandsland“ dauert so lange, weil wir hier einen 80 Minuten Film mit Langzeitbetrachtung produzieren. Das ist einfach ein ganz anderes Format, ein ganz anderes Werk als die meisten Filme, die wir fürs Internet produzieren.

Welches waren bisher Eure spannendsten Projekte?

Donni und Philipp: „Niemandsland“!

Philipp: Das Projekt ist einfach sehr vielseitig und daher besonders spannend. In erster Linie hat „Niemandsland“ mit Stadtentwicklung zu tun und das ist sehr vielschichtig, weil es hier nur so von Schnittstellen wimmelt. Wir beobachten nicht nur Stadtplanung und Architektur, sondern auch und vor allem soziale und kulturelle Aspekte. Außerdem produzieren und schreiben wir die Musik zum Film, zusammen mit vielen Mannheimer Musikern, selbst.

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Welchen Bezug habt Ihr zu Mannheim?

Philipp: Ich bin Mannheimer und war auch immer Fan von Mannheim. Die Stadt ist für mich sowohl Heimat, Filmset als auch Forschungsgebiet.

Donni: Ich bin jetzt seit 12 Jahren Mannheimer und fühle mich hier sehr zuhause. Mannheim ist ein Ort, der dir viel zurückgibt, wenn du dich einbringst. Bei einer Stadt dieser Größenordnung darf man sich nicht beschweren, wenn nichts abgeht, man muss selbst gestalten.

Philipp, Du hattest das Projekt „Transnationalmannschaft“, das eng mit Mannheim als Stadt verknüpft war. Hast Du dadurch einen noch stärkeren Bezug zu Mannheim bekommen?

Philipp: Auf jeden Fall. Ich habe durch den Film den Jungbusch nochmal neu kennengelernt. Dadurch, dass ich auf so viele Menschen aktiv zugegangen bin, bekam meine Verbindung zum Stadtteil eine neue Qualität. Außerdem konnte ich damals mit dem Film Mannheim, vor allem das multikulturelle Mannheim, auch außerhalb der Stadt bekannt machen.

Um was geht es bei Eurem Projekt in der BFV?

Philipp: Wir zeigen die Entwicklung der größten Konversionsfläche Mannheims zwischen dem Verlassen der Amerikaner und dem Beginn des Neuaufbaus, also in einer Phase, in der Konzeption, Vision und Abriss noch den Alltag bestimmen. Außerdem zeigen wir, wer hier alles auf die Fläche kommt. Im Prinzip portraitieren wir Menschen und deren Ideen in Bezug zu dieser Konversionsfläche.

Donni: Wir zeigen, wie das Leben zurück in die Geisterstadt kommt, das ist also ein sehr lebendiges Projekt. Als wir hier angefangen haben, waren die Amerikaner ein paar Jahre fort und alles war verwildert und verlassen. Im letzten Oktober kamen dann plötzlich Tausende Flüchtlinge hierher und die sind nun auch schon wieder weg. Das ist hier wie eine Kulisse, auf die verschiedene Akteure treten und ihr Spiel spielen.

Fühlt Ihr Euch wohl im C-Hub? Was findet Ihr besonders am C-Hub?

Donni: Das C-Hub ist ein sehr guter Ort. Es funktioniert sowohl auf zwischenmenschlicher als auch auf beruflicher Ebene. Wir haben hier schon sehr viele spannende Kontakte geknüpft. Arbeiten fühlt sich hier selten wie Arbeiten an (lacht)!

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Fotos: Sebastian Weindel (www.sebastian-weindel.de)

Gallion Film
Hafenstraße 25-27
68159 Mannheim
Telefon: 0621 / 15028160
Email.: ahoi@gallion-film.com

Straßenbahnen: 2, 6
Bus: 60
Haltestellen: Teufelsbrücke (60), Rheinstraße (6), Dalbergstraße (2)

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